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Als die Zeit vom Himmel fiel – Mella Dumont

Published / by Katharina Gerlach / Leave a Comment
Achtung: Dies ist ein Härtetest, der nicht mit einer Rezension verwechselt werden darf. Für eine Rezension lese ich den ganzen Text, bevor ich ihn beurteile. Der SoS-Test entspricht im Prinzip dem, was der Lektor eines Verlages tut, dessen Hauptaufgabe das Aussortieren von Manuskripten ist.

Als die Zeit vom Himmel fiel - Mella Dumont | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir dass manchen Geschichten eine lineare Erzählweise nicht gut bekommt.

Der Anfang der Geschichte: Ein namenloser ER lebt normal, bis eine SIE sein Leben durcheinander wirbelt. Danach folgt ein ganzes Kapitel über die Hauptfigur, aber mehr oder weniger ohne sie wirklich greifbar zu machen. Wir erfahren, dass sie in einer Tankstelle arbeitet und wie sie dorthin gekommen ist und warum sie es genießt, dort zu arbeiten.

Erhältlich bei Amazon.

Stolperstein #1: Prolog

Analyse: Mal wieder geht es mit einem Prolog los. Zum Glück ist er sehr kurz. Trotzdem ist er ein exzellentes Beispiel dafür, warum man mit Prologen extrem vorsichtig sein sollte. Über die zentrale Person des Prologs erfahren wir Nichts. Er ist ein Normalo, der normale Dinge tut, bis eine Frau in sein Leben tritt. Aber ist das nicht in allen Liebesgeschichten so? Über die Frau erfahren wir noch weniger, nur, dass sie sein Leben durcheinander wirbelt. Wozu ist der Prolog also gedacht? Er gibt uns keine Informationen, die wir nicht auch später im Buch erfahren könnten. Er verwirrt und hinterlässt mehr Fragezeichen, als dass er uns hilft, in die Geschichte zu finden.

Stolperstein #2: Infodump

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Analyse: Das ganze erste Kapitel ist ein einziger Infodump, d.h. hier erfahren wir so ziemlich die ganze Kindheit und Jugendgeschichte der Hauptfigur, ohne dass auch nur eine dieser Anekdoten szenisch umgesetzt worden wäre. Es gibt nur erzählende Rückblenden, die aber in großer Zahl. Diese Infodump-Erzählweise taucht auch in späteren Kapiteln immer wieder auf.

Stolperstein #3: zu viele Details

Analyse: Ab Kapitel zwei wird es besser. Endlich erlebt man die Geschichte, und dazu gehören auch Details. Dabei sollte man aber beachten, dass Dinge an Wichtigkeit zunehmen, je genauer man sie beschreibt. So erwartete ich etwas Besonderes von der Schokolade (z.B. als Futter bei einer Heißhungerattacke der Hauptfigur Karla), als die Autorin die verschiedenen Sorten aufzählte — aber Nichts. Ähnlich ging es mir mit den Orchideen, die Karla bei ihrem Vater abgibt und die vier Absätze lang eine Rolle spielen und dann in der Versenkung verschwinden.

Als sich Karla dann für die Party fertig macht und in einem langen Absatz alles detailliert aufgelistet wird, was sie anzieht, und auch das Aussehen der männlichen Hauptfigur Jakob in Form einer längeren Liste präsentiert wird, habe ich den dritten Stolperstein vergeben. Listen kann man sich als LeserIn nicht gut merken. Das sind zu viele Details auf einem Fleck. Dabei wäre es es kein Problem gewesen, sich auf das wichtigste Merkmal zu konzentrieren, und die anderen Details später an Handlungen gekoppelt einfließen zu lassen (z.B. indem Jakob sich die Haare aus der Stirn streicht oder die Augenbrauen zusammenzieht).

Kudo #1: nette Grundidee

Analyse: Angetan von dem Titelbild habe ich mir dieses Buch gekauft. Die Idee, dass jemand in der Lage sein könnte, bei Druck kurze Zeitsprünge zurück zu machen, fand ich interessant. Und obwohl zahlreiche Passagen der Geschichte langweilig geschrieben sind, die Hauptperson unsagbar naiv ist (so hinterfragt sie ständig die Motivation der männlichen Hauptperson, obwohl er sie ständig beschützt, wundert sich aber kein bisschen über eine Firma, die sie trotz ihres mäßigen Abiturs in einer Luxuswohnung in München-Schwabing einquartiert, ihr ein großzügiges Gehalt anbietet und ihr den gesamten Umzug finanziert) und sich die Autorin oft in unwichtigen Details verliert, ist da etwas, was mich weiterlesen lässt. Noch. Mal sehen, wie mein Fazit aussehen wird, wenn ich die Geschichte ganz gelesen habe.

Zauberhaftes Aschenputtel – J. Vellguth

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Achtung: Dies ist ein Härtetest, der nicht mit einer Rezension verwechselt werden darf. Für eine Rezension lese ich den ganzen Text, bevor ich ihn beurteile. Der SoS-Test entspricht im Prinzip dem, was der Lektor eines Verlages tut, dessen Hauptaufgabe das Aussortieren von Manuskripten ist.

Zauberhaftes Aschenputtel - J. Vellguth | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir wie unglaublich wichtig Details sind, denn sie verorten die Leser in Zeit und Raum. Wenn auf die fehlende Verortung noch dazu eine Erklärung von Informationen durch die Autorin trifft, wird es eng für eine Geschichte, ganz gleich wie hübsch das Titelbild.

Der Anfang der Geschichte: Ein junges Mädchen, das sich benimmt wie ein Kleinkind, beschließt, den Prinzen heiraten zu wollen, weil sie den König gesehen hat. Dann geht sie in den Wald, wo sie einen jungen Jägersmann trifft uns später eine verwundete Taube findet.

Erhältlich bei Amazon.

Stolperstein #1: Autorenkommentar

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Ute nuschelte vor sich hin, über die schwindenden Gelder und den fehlenden Stammbaum eben der Hausherrin selbst. Wäre das der gnädigen Frau zu Ohren gekommen, hätte Ute wahrscheinlich um ihre Anstellung fürchten müssen. Aber sie hatte Glück, denn die Herrin des Hauses wurde von ihrer Tochter abgelenkt, die mit jubelndem Herzen und einem Lachen in den Hof hinauslief.

Analyse: Mal ganz abgesehen davon, dass ein Herz gar nicht jubeln kann, jedenfalls nicht so, dass die abgelenkte Mutter es hören könnte, spricht an dieser Stelle ganz eindeutig die Autorin und liefert Informationen, die sie für wichtig erachtet. Das hat mich irritiert. Als dann noch dazukam, dass das Mädchen (Anna) direkt vom Musikzimmer in den Hof stürmt, war ich ganz raus und musste erst einmal meine Vorstellung des Raums ändern. Von mir aus wäre ich nicht davon ausgegangen, dass das Studierzimmer einen direkten Zugang zum Hof hat.

Stolperstein #2: Wieder ein Problem mit der Verortung

Mit langen Schritten rannte sie in den Wald hinein, ohne auch nur zu ahnen, was dort auf sie wartete.

Analyse: Diese Textstelle kam nur einen Absatz später, gleich nachdem Anna aus dem Studierzimmer in den Hof gelaufen war. Von dort stürmt sie direkt in den Wald, so wie ich das verstanden habe, der offensichtlich bis dicht an den Hof reicht.

Natürlich ist das möglich, doch aufgrund des Kleides auf dem Titelbild nahm ich an, Anna würde auf einem großen Gutshof leben, wie es Adelige im 17. oder 18. Jahrhundert eben taten. Und an solche Höfe reichte ein Wald nicht mehr heran. Das Mädchen hätte an zahlreichen Stallungen, Außenhäusern, Feldern und Wiesen vorbeilaufen müssen.

Wäre dieser kleine Stolperer nicht so dicht hinter dem Ersten erfolgt, hätte ich ihn vermutlich ignoriert. Doch die Häufung hat mich endgültig aus dem Text gerissen.

Stolperstein #3: Und nochmal Verortung, diesmal in der Zeit.

Das ist Ketzerei. Nicht, dass sie (die Nachbarn, Anm.) uns noch die Inquisition auf den Hals hetzen.

Analyse: Und wieder wurde meine Annahme der Situation gestört. Das Kleid auf dem Titelbild hatte mich annehmen lassen, die Geschichte würde im 17. oder 18. Jahrhundert spielen. Doch das Wort Inquisition verbinde ich mit dem Mittelalter (13. bis 15. Jahrhundert). Wieder musste ich meine Annahmen anpassen, was mich aus dem Lesefluss riss.

Als ich dann einige Absätze später erneut über ein Verortungsprobem stolperte (Anna ist im Musikzimmer, als die Haustür aufkracht und gegen die Wand prallt. Führt die Haustür direkt in das Musikzimmer?), legte ich das Buch endgültig zur Seite, obwohl es ansonsten einigermaßen spannend geschrieben war.

Kudo #1: dreidimensionale Charaktere und wunderschönes Titelbild

Analyse: Das Titelbild gefällt mir ausgesprochen gut. Bei Indie-Büchern ist das nicht selbstverständlich. Ich finde auch die Charaktere der Geschichte recht gut getroffen. Mit wenigen Worten zeichnet die Autorin eine ehrgeizige Mutter, ein Wirbelwind-Mädchen und eine leidgeprüfte Dienerin. Nur der Prinz bleibt anfangs etwas blass.

Graue Magie – Bianka Peiler

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titel - name | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir, dass man Leser verwirrt, wenn man nicht exakt genug formuliert.

Der Anfang der Geschichte: Michael Wiegald ist Buchnerd mit Leib und Seele … ach nee, ohne Leib, denn er ist schon länger tot. Zum Glück fristet er sein Geisterdasein in einer Bibliothek. Doch sein geordnetes Leben kommt komplett durcheinander, als er sich verliebt.

Erhältlich bei Amazon.

 

Stolperstein #1: Wortwiederholung gleich auf der ersten Seite

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Analyse: Ich hatte mich von dem wirklich gelungenen Titelbild und der vielversprechenden Idee des Klappentextes verleiten lassen, dieses Buch zu kaufen und muss sagen, ich war ziemlich enttäuscht. Das ging schon damit los, dass ich gleich im ersten Satz über eine Wortwiederholung stieß. Der Titel des Kapitels ist „Der Besuch der holden Dame“ und der erste Satz „Zum ersten Mal erblickt ich ihre holde Gestalt…“

Eine solche Wiederholung ist sicherlich unter normalen Umständen kein Kapitalverbrechen, aber auf der ersten Seite hat es mich dennoch stolpern lassen. Zum einen lag das daran, dass das Wort „hold“ nicht mehr besonders gebräuchlich ist (was aber zum Erzähler passt, denn er ist schon über 50 Jahre tot), und zum anderen, weil es auf meinem eReader direkt untereinander stand. Dadurch wurde meine Aufmerksamkeit aus dem Text auf das Wort gelenkt, und ich war raus.

Stolperstein #2: Verortung (Genauigkeit der Formulierungen)

Analyse: Nachdem der Geist seine Angebetete entdeckt hatte, kommt eine Mini-Rückblende (etwas, das ich hasse, denn es gibt an dieser Stelle keinen Grund, eine halbe Minute zurückzublenden. Das Geschehen hätte sehr gut auch linear erzählt werden können), in der der Erzähler (der Geist), beschreibt, wie er aus dem Fenster sieht. Dann erklärt er, dass es sein Lieblingsplatz IN der Bibliothek ist, um dann damit fortzufahren, dass eine Dame ihren Dackel an einen Baum pinkeln lässt. Selbstverständlich fragte ich mich sofort, was ein Baum und ein pinkelnder Dackel samt Frauchen in der Bibliothek zu suchen hatten. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass der Erzähler zum Blick aus dem Fenster zurückgekehrt war. Lesefluss gerissen.

Stolperstein #3: unmögliche Ansichten

Analyse: Nicht einmal zwei Absätze tiefer der nächste Stolperstein. Die Geschichte ist in der Ich-Perspektive geschrieben, und dann kommt das: …und mein Gesichtsausdruck ähnelte ganz automatisch dem eines Canabis widerkäuenden Lamas…

Ja, wie kann der sich bitte selbst sehen? Ohne Spiegel? Als Geist? Hier hätte der Satz so formuliert werden müssen, dass er sich entweder in besagtem Fenster spiegelt (was für Geister eigentlich eher unmöglich sein sollte, aber wenigstens das Problem lösen würde), oder dass er vermutet, dass er so aussieht.

Abschließend ist zu sagen:
Mittlerweile war ich ehrlich froh, das Buch aus der Hand legen zu dürfen. Nicht, dass es schlecht geschrieben wäre, nein. Die Idee ist interessant und, soweit ich gelesen habe, souverän umgesetzt. Doch hat mich der gewollt altertümliche Stil des Erzählers bereits nach diesen wenigen Seiten so genervt, dass ich mich gefragt hatte, ob ich es überhaupt 40 Minuten mit ihm aushalten könne. Da das aber kein Stolperstein sondern Geschmacksache ist, habe ich bis zum dritten Stolperer weitergemacht. Wer weniger Probleme mit dem Stil der Geschichte hat als ich, wird hier sicher mit einer originellen Idee beglückt.

 

Bassus – Annette Eisenmann

Published / by Katharina Gerlach / 2 Kommentare zu Bassus – Annette Eisenmann

Bassus - Annette Eisenmann  | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir dass eine gute Leseprobe zu Verkäufen führt.

Ursprünglich hatte ich nur in die Leseprobe gesehen, um herauszufinden, wer das Titelbild gestlatet hatte, das mir sehr gut gefällt. Doch da bereits das erste Kapitel hochspannend beginnt, habe ich mir das Buch gekauft und für mein Experiment herangezogen.

Der Anfang der Geschichte: Eine zehnjärige Keltin beobachtet, wie ein Römer ein Medaillon von einem Druiden geschenkt bekommt. Anschließend trainiert ein Junge aus unserer Zeit, der von seinem Vater misshandelt wird, Karate, um sich wehren zu können.

Erhältlich bei Amazon.

Stolperstein #1: Durch eine Rechtsfrage aus der Bahn geworfen

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Analyse:Als ich zu der Stelle kam, an der die jugendliche Hauptfigur vor Gericht gestellt wurde, war ich kurzfristig verunsichert, ob ein Jugendlicher tatsächlich keinen Anwalt nehmen darf, sondern mit einem Berater vom Jugendamt vorlieb nehmen muss. Mir erschien das nicht logisch. Weist unser Rechtssystem solche Merkwürdigkeiten auf? Das ist eigentlich kein echter Stolperstein, da die Spannung so gut aufgebaut war, dass ich trotz der Frage in meinem Kopf fast atemlos weitergelesen habe. Außerdem kann es durchaus möglich sein, dass unser Rechtssystem tatsächlich so funktioniert. Ich weiß es nicht. Aber gehakelt hat es, also zähle ich es.

Kudo #1: Gefühle

Analyse: Es gelingt der Autorin, die Gefühle des misshandelten Jungen authentisch „rüberzubringen“. Dabei benennt sie sich nicht ein einziges dieser Gefühle, sondern überlässt es den Lesern, diese selbst zu entdecken.