Kategorie: SoS-Überlebende

Gestrandet in der Zeit – Bernard Mondae

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Gestrandet in der Zeit - Bernard Mondae | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir… dass ich nicht zählen kann 😀 , wenn die Grundidee der Geschichte stimmt und spannend genug präsentiert wird.

Der Anfang der Geschichte: ein Mann wird für sehr viel Geld angeheuert, Reiten zu lernen, nachdem er bereits Alt-Irish lernen musste. Anschließend wird er zusammengeschlagen.

Erhältlich bei Amazon.

 

Stolperstein #1: Wie du weißt, Bob…

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Analyse: In der Anfangsszene lassen sich die Auftraggeberin und der Held ein paar mal über dessen Vergangenheit aus. Das ist nötig, damit man als LeserIn versteht, was der Held alles kann. Dummerweise geschieht das an mehreren Stellen mit ungelenken „Wie du weißt, Bob…“ Formulierungen. Ein Beispiel:

„Finanziell sind Sie bisher nicht schlecht mit uns gefahren“, fuhr Maggie fort. „Als Captain der Royal Marines verdienten Sie mehr. Aber das gaben Sie etwas voreilig auf.“

Wenn das als subjektive Wertung geschrieben worden wäre (z.B. Tja, warum haben Sie ihr gutes Gehalt als Captain der Royal Marines aufgegeben. Selbst Schuld.), hätte ich die gleiche Information bekommen aber ohne das Gefühl des „so, das musst du jetzt auch noch wissen, lieber Leser.“ Da diese Technik mich an mehreren Stellen zum Stolpern brachte, habe ich sie zu einem Punkt zusammengefasst.

Stolperstein #2: Holprigkeiten, die ich zunächst nicht als ganzen Stolperstein wertete

Analyse: es hakte bei „…jederzeit in Gefahr, auf die Straße gesetzt werden.“ Da fehlte ein „zu“. Eine weitere Ungenaugkeit überlas ich, als der Held einen Umschlag zerknüllt, dann sagt eine Person namens Eydis etwas und greift dann nach der Hand. Da ging ich zuerst davon aus, dass es ihre eigene Hand war, musste diese Annahme aber fast sofort korrigieren. Diese Rumpler habe ich aber beim Lesen nur als Holprigkeiten bewertet, da der Rest spannend genug war. Doch die Häufung (im Text sind noch ein paar solcher Kleinigkeiten) hätte eigentlich einen Stolperstein erfordert. Ich habe also falsch gezählt.

Stolperstein #3: unlogisches Verhalten

Analyse: Gegen Ende der Anfangsszene erkundigt sich der Held beim Barkeeper nach seiner Auftraggeberin. Insbesondere will er wissen, welche Gerüchte es über sie gibt. Aus den bis dahin dargestellten Ereignissen geht aber hervor, dass er bereits einige Zeit für die Lady arbeitet. Logischerweise hätte er solche Erkundigungen gleich beim ersten Auftrag eingezogen, da auch der bereits etwas seltsam war. Es in dieser Szene zu tun ergibt aus Sicht des Charakters keinen Sinn. Und da mich diese Überlegung aus dem Lesefluss gerissen hat, gibt’s einen weiteren Stolperstein.

Stolperstein #4: abrupter Perspektivwechsel

Analyse: Die erste Szene bis zum Zusammenschlagen des Helden wird aus dessen Sicht erzählt. Den LeserInnen werden seine Gedanken und Gefühle nahe gebracht, so dass man sich ganz in ihn hineinversetzt fühlt. Dann kommt folgender Satz:

Nicht weit entfernt in einer Häusernische… verschränkte Eydis die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf.

Danach geht es aus Eydis Sicht weiter. Ein Perspektivwechsel ist nicht wirklich schlimm, hätte aber irgendwie kenntlich gemacht werden müssen, z.B mit einer Leerzeile oder drei Sternchen. So wurde ich aus dem Lesefluss gerissen.

Kudo #1: trotzdem spannend

Analyse: Obwohl ich ein paar Mal aus dem Tritt kam, ist die Geschichte spannend geschrieben. Es gibt genug Hinweise auf anstehende Action und (es sei gelobt, getrommelt und gepfiffen) keine frühzeitigen Rückblenden in das Leben der Hauptfiguren. Das ist ein gelungener Einstieg in eine Geschichte, und ich habe bereits begonnen, weiterzulesen. Mal sehen, ob es so gut weitergeht, wie der Anfang verspricht.

Von den Grenzen der Erde – Rebekka Mand

Published / by Katharina Gerlach / 2 Kommentare zu Von den Grenzen der Erde – Rebekka Mand

Grenzen der Erde - Rebekka Mand | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir… dass auch grammatikalisch richtiger Text zum Stolperstein werden kann, auch wenn die Spannung eigentlich kaum auszuhalten ist

Der Anfang der Geschichte: Lynn liebt ihren Vater Rhinn sehr, als Nordmänner ihr Dorf angreifen, Rhinn töten und sie mit vielen anderen verschleppen.

Erhältlich bei Amazon.

 

Stolperstein #1: grammatikalisch richtig und doch…

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Analyse: Nach ein paar Seiten mit genügend Spannung und ohne Hindernisse stolperte ich über folgenden Satz: Um sie würde Lynn jedenfalls nicht weinen, wenn sie zu Wulfreth in den Süden ginge. Der Satz ist gramatikalisch absolut korrekt, also eigentlich nichts, was mich stören sollte. Trotzdem bin ich an der ungewohnten Form ginge hängen geblieben, so dass ich den Satz mehr als einmal lesen musste, um ihn richtig zu verstehen. In diesem Fall wäre es vielleicht besser gewesen, das gebräuchlichere gehen würde zu benutzen.

Stolperstein #2: verzerrte Bilder

Analyse: Lynn sitzt unter einer Eiche, die auf einem Hügel steht und blickt auf das Meer weit unter ihr. Allerdings wird das erst deutlich, nachdem ich über folgenden Satz gestolpert bin: …im Schatten sitzen und auf das tief unten schäumende Wasser blicken. Sofort fragte ich mich, warum das Wasser nur tief unten schäumt (unter der Oberfläche?) und nicht oben. Erst danach begriff ich, was gemeint war. Da war ich aber schon gestolpert…

Stolperstein #3: hatte in Häufung

Analyse: Noch auf derselben Seite wie der vorige Stolperstein begann eine Mini-Rückblende, die hier durchaus hinpasste, die aber, grammatikalisch richtig, ziemlich viel hatte enthielt. Normalerweise überlese ich so etwas, aber da ich vom letzten Stolperstein noch sensibilisiert war, bin ich sofort wieder aus dem Trott gekommen. Schade.

Kudo #1: tolle Zeit, prima Grundidee

Analyse: Mich hat der Anfang überzeugt. Auch waren die Dinge, die mich stolpern ließen, keine Fehler. Es ist eben nicht leicht, alle LeserInnen bei der Stange zu halten. Mich haben die Charaktere jedenfalls überzeugt, und auch die Zeit der Wikingerfahrten finde ich spannend. Das Titelbild ist sowieso ein Traum, so dass ich das Buch wahrscheinlich zuende lesen werde.

Boris und Olga: Tod dem Zaren – Selma Spieweg

Published / by Katharina Gerlach / 4 Kommentare zu Boris und Olga: Tod dem Zaren – Selma Spieweg

Boris und Olga - Selma Spieweg | Spannung ohne StolpersteineHeute sehen wir, dass ich bei einer packenden Geschichte selbst Rechtschreibfehler ignorieren kann.

Der Anfang der Geschichte: Boris ist seit 44 Jahren loyaler Soldat im Dienste des russischen Zaren, hat für ihn sein Leben riskiert und seine Gesundheit als „freiwillig“ Zwangsrekrutierter ruiniert. Jetzt ist sein rechter Arm aus Metall und die Hydraulik friert ein, wenn es kalt wird – und in Russland wird es kalt. Als er auf der Flucht vor gegnerischen Truppen einfriert, versucht Waisenkind Olga, ihn zu bestehlen. Ihr Motto: Tod dem Zaren.

Erhältlich bei Amazon.

Hut ab #1: der erste Satz

Analyse: Der erste Satz zeigt mir sofort, dass ich in guten Händen bin. Er lautet: Boris Sergejewitch hatte den Fehler begangen, nicht beizeiten auf dem Schlachtfeld zu bleiben, wie es sich für einen anständigen Soldaten gehörte.

Stolperstein #1 ist keiner, siehe Kommentare: Amerikanismen

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Analyse: Ich habe mir den gedruckten Sammelband dieses Buches auf der Leipziger Buchmesse 2015 gekauft und ihn als ersten Kandidaten für dieses Experiment zur Seite gelegt. Da das Buch ein Quidie-Siegel für qualitativ hochwertige Indie-Veröffentlichungen trägt, sind meine Erwartungen besonders hoch gewesen. Deshalb hat es mich geärgert, dass ich schon auf der ersten Seite über „Boris‘ unfreiwilliger Armee-Eintritt“ gestolpert bin.

Nur im Englischen wird beim besitzanzeigenden Genitiv ein Apostroph gesetzt. Dort heißt es „Kate’s dog, Boris‘ arm (oder Boris’s arm, geht beides) oder Mom’s house. Im Deutschen bleibt es bei Katies Hund, Boris Arm und Mamas Haus.

Da ich die Autorin auf der Messe kennengelernt hatte, schrieb ich ihr. Dieser Fehler ist also jetzt bereits behoben. Weil dies das erste Buch in diesem Experiment ist, und weil die Geschichte spannender nicht sein könnte (ich habe mittlerweile das ganze Buch durch), fasse ich alle Apostrophs zu einem einzigen Stolperstein zusammen.

Nun bin ich eines Besseren belehrt worden, also kennzeichne ich diesen Stolperstein als ungültig.

Hut ab #2: Autorin mit Legasthenie

Analyse: Als ich die Autorin kontaktierte, erfuhr ich, dass sie Legasthenikerin ist. Ich ziehe meinen Hut vor Selma Spieweg, die trotz Rechtschreibschwäche Bücher schreibt, die es nahezu unmöglich machen, sie zwischenzeitlich beiseite zu legen. Wir sehen, dass es am Ende immer auf die Spannung ankommt. Alles andere wird nebensächlich, wenn die Spannung stimmt.

Stolperstein #2: Infodump als Mini-Rückblende

Analyse: Der Einstieg der Geschichte ist spannend und rasant. Boris flieht mit anderen Soldaten vor einer feindlichen Armee und gerät in Schwierigkeiten, weil ihn seine Hydraulik wegen der Kälte immer schwerfälliger werden lässt. Bereits auf Seite zwei kommt ein Infodump getarnt als Mini-Rückblende, die dem/r Leser/in erklärt, warum Boris eine Hydraulik besitzt. Rums, da war der Spannungsbogen erst einmal gerissen. Zum Glück geht es direkt im Anschluss fließend weiter, und es tauchen in der gesamten Geschichte keine weiteren abrupten Unterbrechungen des Spannungsbogens auf. Eine ziemliche Leistung für ein fast 500 Seiten langes Buch.