Mir ist aufgefallen, dass ich immer öfter über die gleichen Probleme stolpere. Daher habe ich gedacht, es wäre doch gut, wenn ich sie mal zusammenstellen würde. Die Zeit dafür habe ich, denn ich habe nur noch ein Buch zu lesen und bei der Hitze keine Lust, Sport zu treiben.
Hier also die Punkte, die bei mir am häufigsten zu Stolpersteinen führen.
1. Prologe
Ich bin nicht per sé gegen Prologe. Besonders in der Fantasy wird ein Prolog oft erwartet. Bei epischer Fantasy sind sie beinahe schon Pflicht. Was sie für mich problematisch macht, ist, dass sie entweder A) bewusst kryptisch verwirrend eine Szene zeigen (meist mit dem Antagonist des Romans), die wenig Zusammenhang zum Anfang der Geschichte hat, oder B) die gesamte Historie der Welt erläutern, in der die Geschichte spielt.
Letzteres (B) ist nicht nötig. Diese Details sollte man besser im Laufe der Geschichte in kleinen Häppchen verteilt einbauen. Ersteres (A) muss man sich genau überlegen, denn der Prolog muss immer mit der Geschichte in einem Zusammenhang stehen. Natürlich ist es legitim, wenn der Zusammenhang erst gegen Ende der Geschichte klar wird (etwas, das ich nicht beurteilen kann, wenn ich nur die Anfänge teste). Aber besser ist ein klarer Zusammenhang zum Beginn der Geschichte.
Und bitte, wenn ihr einen Prolog schreibt, achtet darauf, dass er spannend ist. Nichts überspringt ein/e LeserIn so gerne wie einen langweiligen Prolog.
2. frühe Rückblenden
Immer wieder fügen AutorInnen gleich auf den ersten Seiten Rückblenden ein, um den Hintergrund einer wichtigen Figur zu erklären. Es ist lobenswert und richtig, die wichtigsten Figuren mit einer gut aufgebauten Hintergrundgeschichte zu versorgen, aber die sollte nicht auf den ersten Seiten nahezu komplett ausgewalzt werden. Ich habe es schon mit Rückblenden in den Rückblenden zu tun gehabt, die auf der 3. Seite losgingen. Mit frühen Rückblenden gibt es mehrere Probleme.
Zum einen sind da die von dem/der AutorIn eindeutig ungeplanten Rückblenden, die daraus resultieren, dass ein toller erster Satz gesucht wird [(ausgedachtes) Beispiel: Ich hatte kaum meine Hose angezogen, als die Zellentür aufging und mich ein Wärter in strengem Ton nach draußen befahl. Nach dem Morgenappell, hatte ich mich eine Weile daran erfreut, wie mein Fluchttunnel wuchs. Er war schon lang genug, dass ich das Tropfen der Kanalisation hören konnte …]
Diese Art früher Rückblende ist leicht zu vermeiden, indem man einfach ein paar Minuten früher mit dem Erzählen der Geschichte beginnt [Warum nicht zuerst über den Fluchttunnel sinnieren und dann vom Wärter gerufen werden?].
Zum anderen sind da Rückblenden zum Vorleben der Figuren. Sie starten in der Regel ein Stück weit in die Geschichte hinein, überraschend oft auf Seite drei, weil der/die AutorIn meint, es wäre an der Zeit, den Lesern ein paar Hintergrundinformationen zu geben. Im Prinzip ein richtiges Ansinnen, aber Andeutungen reichen. Auf den ersten Seiten einer Geschichte ist es die Aufgabe der Kreativen, die Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Dafür muss sie auf einem verständlichen Zeitstrahl voranschreiten (ich sag mal nicht chronologisch, obwohl das für die meisten Geschichten der sinnvollste Zeitstrahl ist, aber es gibt ja auch Zeitreisegeschichten, und die will ich nicht diskriminieren). In der Regel ist das ein für die Hauptfigur als chronologisch angesehene Abfolge von Ereignissen. Kommt jetzt eine Rückblende, die 5, 10, 15 oder mehr Jahre zurück springt, kommt der Vorwärtsdrang der Geschichte abrupt zum Stehen. Auf Seite 80 oder 150, wo die Leser bereits wissen, dass das Buch spannend ist und sie es unbedingt zu Ende lesen wollen, ist das kein Problem. Aber am Anfang der Geschichte, wenn noch nicht sicher ist, ob der Schreibstil gefällt oder man die Hauptfigur mag, kann dies das Aus bedeuten (bzw. bei mir den Stolperstein).
Und bitte, wenn ihr an späteren Stellen Rückblenden schreibt, achtet bitte darauf, dass sie in richtigen Szenen dargestellt werden und nicht als narrative Zusammenfassung, sonst habt ihr sofort das nächste Problem:
3. Hilfsverbenflut
Hilfsverben sind Verben wie haben, sein, werden (und in manchen Gegenden: tun). Sie werden meist gebraucht, um aus der erzählten Zeit eine davor gelegene Zeit zu beschreiben [(ausgedachtes) Beispiel: Ich ging die Straße entlang und dachte an Louise. Sie war damals die erste gewesen, die mich geküsst hatte. Ihre langen, blonden Haare hatte ich lange nicht vergessen können…]. Für kurze Rückblenden, die nicht wichtig genug für eine eigene Szene sind, sind sie unumgänglich. Meine Empfehlung: Ist die Rückblende länger als drei Sätze, sollte man das Plusquamperfekt (hatte gehabt) nur für einen einleitenden Satz und am Ende der Rückblende für einen rückführenden Satz verwenden. Den Rest schreibt man in der einfachen Vergangenheitsform (bei Geschichten, die im Präsens erzählt sind, nimmt man das Perfekt (habe gehabt) anstelle des Plusquamperfekt).
Aber Hilfsverben tauchen auch verstärkt auf, wenn AutorInnen nicht lange genug über starke, aussagekräftige Verben nachdenken. „Er hatte Hunger“ ist viel einfacher zu schreiben als „Sein Magen knurrte als kämpfe ein Rudel Wölfe um den letzten Bissen“ und erfordert wesentlich weniger Worte. Dabei ist die zweite Variante eindeutig interessanter. Natürlich passen solche Bilder nicht immer, aber wo sie passen, sollte man sie als AutorIn verwenden. Es stärkt die Geschichte (anstatt: dadurch wird die Geschichte stärker) und vermeidet das nächste Problem:
4. Monotone Sätze
Dieses Problem taucht am häufigsten auf, wenn viele Sätze mit HIlfsverben aufeinander folgen, z.B. bei narrativen Rückblenden (erzählt, nicht gezeigt, siehe Punkt 5). Aber auch an Stellen mit vielen Handlungsschritten kann es zu solchen Sätzen kommen. Wenn der Aufbau der einzelnen Sätze immer das gleiche Muster hat, klingt der Text monoton [(ausgedachtes) Beispiel: Ich ging ins Haus. Meine Katze wartete auf mich. Ich füllte ihren Napf mit Futter und machte das Fernsehen an. Ich sah einen Film…]
Variation der Satzlänge und des Satzbaus beeinflusst die Gefühle der Leser. Kurze, abgehackte Sätze mit vielen Absätzen, machen atemlos, was in Action-Szenen sehr erwünscht ist. Lange, poetische Sätze mit Metaphern und Bildern lassen Leser zur Ruhe kommen und sich auf ein bestimmtes Gefühl oder Bild konzentrieren. Eine Mischung aus beidem treibt die Geschichte voran, ohne zu langweilig oder zu aufgeregt zu sein.
5. Tell (erzählt) anstelle von Show (gezeigt)
Und dies ist oft das größte Problem bei Romanen. Es ist nicht leicht, die richtige Balance zwischen Zeigen und Erzählen zu finden. Natürlich gibt es immer wieder Bereiche, die nicht gezeigt werden müssen. Wenn die Hauptfigur der Szene ein romantisches Abendessen zaubert, reicht es, zu erzählen, dass sie dafür eingekauft hat. Es zu zeigen wäre langweilig, es sei denn der Figur passiert dort etwas, das der Geschichte eine neue Richtung gibt. Andererseits wäre es fatal, das erste Treffen der beiden Hauptfiguren eines Liebesromans zu erzählen. Hier müssen die Gefühle und jeder kleinste Handlungsschritt gezeigt werden. Am besten klappt das, wenn die Handlungen und das, was die Figuren wahrnehmen, durch den Filter ihrer Sinne dargestellt werden. Eine Figur, die das Gegenüber als „graue Maus“ bezeichnet hat eine andere Einstellung als eine Figur, die dieselbe Person als „zurückhaltend elegant“ sieht. Natürlich ist gerade das berühmte Show-don’t-Tell das, was für die meisten AutorInnen am schwierigsten ist. Daher ist es auch das, was mich am schnellsten aus dem Tritt bringt, wenn es nicht stimmt.
Ich hoffe sehr, dass die Zusammenstellung dieser möglichen Fehlerquellen interessant ist. Es würde mich freuen, wenn ihr mir sagt, was euch an Büchern am häufigsten auffällt.