Heute sehen wir, dass Krimis, was Spannung angeht, ein Sonderfall sind.
Der Anfang der Geschichte: Eine junge Frau, zur Prostitution gezwungen, steigt zu einem Mann mit eiskalten Augen in den Wagen. Später kommt Kriminalhauptkommissarin Lena Stern auf Dortmund’s Hauptbahnhof an und bekommt sofort Probleme.
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Die beiden verwahrlost aussehenden Jugendlichen stoppten wie vom Blitz getroffen, starrten Lena eine Sekunde lang an und tauschten dann untereinander einen schnellen Blick. Dann wandten sie sich wie auf Kommando um und trabten … davon.
Analyse: Durch die Wortwiederholung holpert dieser Absatz. Nötig wäre das zweite „dann“ gar nicht, da es für den zweiten Satz auch elegantere Satzanfänge gegeben hätte (z.B.: kreidebleich oder wortlos oder einfach sie).
Analyse: Die erste Szene macht klar, dass die junge Zwangsprostituierte in großen Schwierigkeiten steckt. Das ist gut gelungen. Dann folgen durchaus spannende Szenen auf dem Bahnhof, die klar machen, dass sich Lena nicht immer ganz nach Vorschrift verhält. Auch gut gelungen. Doch dann kam die Vorstellung im Büro. Auch hier wurden wieder zukünftige Konflikte angedeutet, was im Prinzip richtig ist. Leider wurde die Szene dadurch länger, als es dem Spannungsbogen gut tat. Ich merkte bald, dass ich mich ständig fragte, wann der eigentliche Krimi denn endlich losginge. Die Zeile „Leiche im Horstmarer See“ hat mich dann glücklicherweise erlöst. Von da an habe ich im ganzen Buch keine einzige Szene gefunden, bei der die Spannung durchhing.
Eine richtige Lösung für das Problem mit den Vorstellungen habe ich aber nicht. Wenn jemand eine neue Arbeitsstelle betritt, ist eine solche Vorstellungsrunde üblich. Aber muss ein Roman immer genau dem wahren Leben folgen? Vielleicht wäre es spannender gewesen, wenn die Wasserleiche gleich nach dem Treffen mit Lenas Vorgesetzter angekündigt worden wäre und sie ihre anderen Kollegen erst im Laufe der Ermittlungen näher kennengelernt hätte.
Analyse: Was für die meisten Romane wichtig ist, ist für Krimis unerlässlich: Spannung, die niemals abreißt. Ich gebe zu, dass ich mittlerweile durch die vielen Bücher, die ich bereits gelesen habe, sehr empfindlich geworden bin, wenn ein Spannungsbogen nicht stimmt. Umso mehr freut es mich, sagen zu können, dass dieses Buch, von dem oben angemerkten abgesehen, keine Durchhänger hat. Ich kann es uneingeschränkt empfehlen.
ein Gesamtproblem: Da das Buch, abgesehen von den Stolperern, sehr spannend und angenehm zu lesen war, habe ich es in einem Rutsch zuende gelesen. Dabei ist mir aufgefallen, dass das in der ersten Szene angesprochene Problem der Zwangsprostitution, auf die der Autor ziemlich viel Zeit und Emotionen verwendet hat, komplett aus der Geschichte verschwunden war. Ich kann nur hoffen, dass es in den Folgebänden eine wichtigere Rolle spielen wird, sonst würde ich mich als LeserIn betrogen fühlen. Leser erachten alles für wichtig, was der Autor beim Schreiben besonders hervorhebt, daher fehlte mir der Bogen. Ich bin aber gewillt, auf weitere Bände der Serie zu warten, um zu sehen, ob sich dieser Handlungsfaden noch auflösen wird.