Heute sehen wir, wie schwierig lange Sätze sein können.
Der Anfang der Geschichte: Ein Mann erschlägt einen alliierten Piloten nachdem dessen Flugzeug abgestürzt ist. Viele Jahre später muss sich eine junge Frau um die Auflösung des Haushalts ihres verstorbenen Vaters kümmern.
Erhältlich bei Amazon.
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Analyse: Die Lynchmorde an abgeschossenen amerikanischen Bomberpiloten während der letzten Jahre des Zweiten Weltkrieges sind ein Thema, das bis heute kaum bekannt ist. Bis heute gibt es kaum eine Aufarbeitung dieser schrecklichen Taten. Umso lobenswerter ist es, dass sich dieses Buch mit einem so wichtigen Thema befasst.
An jenem winterstarren Sonntagnachmittag jedoch, als Karen gerade von einem Spaziergang zurückgekommen war, die Wangen noch von der Kälte gerötet, das Teewasser zu kochen begann und die leisen Klänge eines Klavierkonzertes den Raum erfüllten, an einem solchen Nachmittag schlich sich der Tod wie ein Eindringling in die warme Geborgenheit der Wohnung.
Analyse: Man merkt, wie poetisch die Sprache trotz der Dramatik ist. Das ist wunderbar. Leider ist dieser Satz durch zwei Einschübe schwer zu verstehen. Besser wäre es gewesen, ihn in zwei oder gar drei Sätze zu zerlegen. Diese Art Bandwurmsatz ist mir später noch an einigen (zum Glück sehr wenigen) Stellen aufgefallen.
Merke: je leichter ein/e Leser/in einem Text folgen kann, desto besser.
Lotte ließ es sich nicht nehmen…; Karen müsse sich erst einmal erholen… „Die Beerdigung ist um Elf. Wir haben uns um alles gekümmert.“ Die beiden hatten sich kaum verändert, nur ihre Haare waren grauer geworden…
Analyse: Mit „die beiden“ sind Tante und Onkel der Hauptperson gemeint. Allerdings wurde der Onkel in den Sätzen vor diesem gar nicht erwähnt, sondern nur Lotte (die Tante) und Karen (die Hauptfigur), so dass ich innehalten und überlegen musste. Stolperer
Nie hatte es zu irgendeiner Tür einen Schlüssel gegeben. Nicht einmal das Bad konnte man absperren…
und einige Absätze darunter:
…bei der Gelegenheit nachschauen, ob die Schlüssel in den wenigen verschließbaren Türen auch herumgedreht worden waren.
Analyse: Ich verstehe durchaus, was gemeint ist. Die Zimmertüren im Haus haben keine Schlüssel, die Außentüren schon. Leider ist das durch die Art der Formulierung so ungeschickt gemischt worden, dass mal erst überlegen muss, um es zu verstehen. Stolperer
Obwohl dieses Buch nicht die vollen 40:00 Minuten geschafft hat, möchte ich es jedem ans Herz legen, der sich für die jüngere Geschichte unseres Landes interessiert. Conrelia Lotter lässt sich Zeit, ihre Figuren einzuführen, schafft es aber immer wieder, mit wunderschöner Prosa zu überraschen. Das gibt einen interessanten Kontapunkt zu dem furchtbaren Thema des Buches, der das Lesen zum Genuss macht.